Was versteht man unter Musiktherapie?
Unter Musiktherapie versteht man therapeutische Verfahren, die durch den gezielten Einsatz von Musik helfen, seelischen und körperlichen Erkrankungen vorzubeugen oder sie zu lindern. Schon seit biblischen Zeiten wird Musik als heilsam erlebt. Ein bekanntes Beispiel ist die Geschichte von König Saul im Alten Testament, der von einem „bösen Geist“ in die Schwermut getrieben wird. Der „böse Geist“ weicht immer dann von Saul, wenn man ihm etwas auf der Zither vorspielt. In der Antike ging man davon aus, dass eine seelische oder körperliche Krankheit daher rührt, dass in einem Menschen ein Ungleichgewicht, eine Disharmonie herrsche. Musikalische Harmonien sah man als Hilfsmittel an, die innere Harmonie wieder herzustellen.
Wie wirkt Musiktherapie?
Musik berührt Menschen unmittelbar auf einer tiefen emotionalen Ebene. Dies macht sich auch die Musiktherapie zunutze. Zum einen, indem Patienten ermutigt werden, sich Musik anzuhören, die ganz bestimmte emotionale Grundstimmungen transportiert. Die Musikstücke oder Lieder können dann helfen, festsitzende Emotionen im Patienten zu lösen. Zum anderen werden Patienten ermutigt, ihre Gefühle (Freude, Trauer, Wut, Angst) musikalisch auszudrücken. Dies kann in Gruppen geschehen oder auch im Rahmen einer Einzeltherapie. Um einen unmittelbaren emotionalen Ausdruck zu ermöglichen, wird im Rahmen einer Musiktherapie auf komplizierte Musikstücke oder schwer zu beherrschende Instrumente verzichtet. Bevorzugt werden die eigene Stimme oder leicht erlernbare Instrumente. Zum Einsatz kommen verschiedene Trommeln und andere Percussion-Instrumente. Beispielsweise Xylophone, einfache Zupfinstrumente, etc.. Musiktherapie hilft, sich selbst auszudrücken, auch dann wenn Worte fehlen oder nicht möglich sind.
Anwendungsbereiche von Musiktherapie
Da Musik eine tiefe emotionale Ebene erreicht, ist der Einsatz von Musik zu therapeutischen Zwecken auch dann möglich, wenn ein Mensch auf rationaler Ebene nicht oder nicht mehr zu erreichen ist. Zu beobachten ist beispielsweise, dass die hochbetagten und dementen Bewohner von Pflegeheimen im wöchentlichen Stationsgottesdienst wacher und aktiver werden, wenn ihnen seit Kindheitstagen vertraute Kirchenlieder erklingen. Viele können sie sogar dann noch auswendig mitsingen, selbst wenn ihnen die Demenz inzwischen fast alle alltäglichen Fähigkeiten genommen hat. Auch die Fähigkeit, ein einmal erlerntes Musikinstrument zu spielen, bleibt erstaunlicherweise bei an Demenz erkrankten Menschen oft erhalten.
Kindern und Jugendlichen mit sozialen Defiziten kann die Musiktherapie ebenfalls helfen, da gerade das gemeinsame Musizieren oder Singen soziale Kompetenzen stärkt und Kinder und Jugendliche in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit fördert.
Musiktherapie im klinischen Alltag
Begleitend und stützend findet Musiktherapie in der stationären Behandlung psychischer Erkrankungen Anwendung. Beispielsweise bei der Behandlung depressiver Patienten, bei Angststörungen, in der Arbeit mit geistig behinderten Menschen und mit dementen Patienten. Selbst Komapatienten können durch Musik oft noch erreicht werden und reagieren besonders auf ihnen vertraute Klänge. Der Therapeut hat bei der Musiktherapie die Aufgabe, zum einen den Patienten zu ermutigen, etwaige vorhandene Hemmungen im musikalischen Ausdruck zu überwinden. Zum anderen aufgrund seines Wissens um die Wirkung bestimmter Musikformen das herauszufinden, was dem Patienten wirklich hilft. Musiktherapie ist eine eigene Therapieform. Oft ist der Therapeut ausgebildeter Musiker, der mit Ärzten oder medizinischen Psychotherapeuten zusammenarbeitet.
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