Beziehung in der Krise – Praxis für psychologische Paarberatung
Aus den Erfahrungen der Praxis psychologischer Paarberatung beginnt eine Entfremdung bei Paaren fast immer schleichend und die häufigste Ursache ist dabei die mangelnde Kommunikation auf der Gefühlsebene. Nachdem der erste Rausch der Hormone langsam abklingt und der Alltag mit all seinen Problemen und Belastungen Einzug hält, ist jeder mit sich selbst beschäftigt und der Wert der Partnerschaft tritt immer mehr in den Hintergrund. Der Partner ist selbstverständliches Besitztum und man braucht sich deshalb auch nicht mehr um ihn bemühen. Dies trifft mehrheitlich auf die männliche Seite zu, die erfolgreiche Eroberung der Frau ist längst abgeschlossen und Man(n) kann sich jetzt anderen Dingen zuwenden. Alles was man besitzt hat ja auch immer eine Kehrseite und so sehen beide Partner plötzlich die Nachlässigkeiten, die schlechten Angewohnheiten und Schwächen des Anderen.
Kommunikation in Paarbeziehungen
Dazu kommt die allgemeine Tendenz nur das Negative zu sehen, das Positive ist selbstverständlich und wird nicht registriert. Anfangs hält man sich noch zurück der Harmonie wegen, aber dann staut sich immer mehr unterdrückter Ärger auf und bei der nächsten Gelegenheit platzt es aus einem heraus. Dann gibt es die ersten Verletzungen und den ersten Beziehungsfrust. Die Folgen sind entweder ein innerer Rückzug oder eine aggressive Angriffshaltung. Entweder man schweigt oder es gibt eine Flut von Beschuldigungen. Es wird nicht mehr richtig zugehört, man fühlt sich unverstanden und der Partner ist automatisch immer der Schuldige, was insbesondere bei der weiblichen Seite eine wesentliche Rolle in der Auseinandersetzung spielt.
Resignation und Frust – Auslöser für den Besuch psychologischer Paarberatung
Als eine Konsequenz in diesem immer ähnlich ablaufenden Szenario kommt es dazu, dass das Paar zwar noch zusammenbleibt, aber jeder Partner sich innerlich abwendet und sich anderen Dingen und Personen zuwendet. Oft kann man dies bei Paaren beobachten, die einen riesigen Freundeskreis haben, das ganze Wochenende mit irgendwelchen Bekannten verabredet sind und die auch mit anderen Paaren in Urlaub gehen. Sie haben Angst mit sich allein zu sein, weil sie nichts mehr miteinander anfangen können. Sie haben sich nichts mehr zu sagen und wenn sie miteinander reden dann entlädt sich sofort der aufgestaute Frust in neuen Vorwürfen.
Teufelskreis aus Enttäuschung und Verletzung
Dies verstärkt den Teufelskreis in dem das Paar inzwischen gefangen ist. Da gibt es nichts Liebevolles und keine Komplimente mehr, die Frau fühlt sich nicht mehr gesehen und der Mann wird nicht mehr bestätigt in all dem was er für die Partnerschaft oder Familie tut. Die letzte Stufe dieser Eskalation besteht dann darin, dass auch der Sex aufhört, Frauen benutzen dies häufig als eine Form der Bestrafung um den Mann zu treffen. Die Folge: ohne Hilfe von außen kommt das Paar aus dieser Situation nicht mehr heraus, es kommt entweder zur Trennung oder das Paar resigniert und bleibt nur aus praktischen oder finanziellen Erwägungen zusammen.
Ansatzpunkt psychologischer Paarberatung: Das Zwiegespräch
Da das Paar nicht mehr konstruktiv miteinander reden kann, braucht es zunächst einen neutralen Moderator. Dabei können beide gegenseitig über sich, ihren Frust und indirekt über den Partner sprechen. Der Vorteil dabei ist, sie brauchen diesen nicht direkt anzusehen sondern können zu einer neutralen Person sprechen und der Moderator verhindert, dass sie dauernd dabei unterbrochen werden. Zunächst kann jeder kontrolliert seinen Frust herauslassen, das Schweigen wird beendet. Nach diesem ersten Schritt beginnt die konstruktive Phase: Das Paar lernt langsam, über die eigenen Gefühle zu sprechen und die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu äußern. Hierbei hat sich das Zwiegespräch als Übungseinheit als sehr hilfreich erwiesen.
Psychologische Paarberatung heißt oft: Bedürfnisorientierte Kommunikation lernen
Anstatt in den Vorwurf dem Partner gegenüber zu gehen teilt jeder dem anderen mit wie es ihm geht, was er vom anderen erwartet und was ihn bisher enttäuscht und verletzt hat. Viele Paare äußern sich danach, dass sie vieles gar nicht gewusst haben und jetzt erst ihren Partner wirklich im Innersten kennen lernen. Durch das Zuhören lernt jeder was Achtsamkeit dem anderen gegenüber bedeutet. Dabei kann die negative Abwärtsspirale durchbrochen und erstes Vertrauen langsam aufgebaut werden. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass beide Seiten den festen Willen haben, ihre Beziehung zu retten.
Autorin: Erika Nester
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