Die Hintergründe der Rational-Emotive Therapie
Die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) basiert auf der Arbeit von Albert Ellis (1955). Verfahren und Anwendungsbereiche sind ähnlich wie bei der kognitiven Verhaltenstherapie, allerdings ist die REVT unabhängig davon entstanden, erst später wurden beide Stränge der Verhaltenstherapie zusammengeführt. Die Methoden der REVT stellen heute neben der kognitiven Verhaltenstherapie nach Beck die am häufigsten angewandte Form der Verhaltenstherapien dar. Die REVT wurde auch von philosophischen Strömungen beeinflusst (Stoa, Epikureismus, Skeptizismus, Existenzphilosophie, Sprachphilosophie). Dies lässt bereits erahnen, dass die Methoden der REVT im Unterschied zu anderen Schulen (besonders tiefenpsychologisch orientierten Verfahren) sehr rational und vernunftbetont ausgerichtet sind. Gleichwohl ist die REVT ihrem Selbstverständnis nach ein ganzheitlicher handlungsorientierter humanistischer Ansatz. Das Ziel ist das emotionale Wachstum. Der Klient wird ermutigt, seine Gefühle bewusst zu erleben und auszudrücken. Dabei wird der Zusammenhang von Denken, Fühlen und Handeln betont.
Was sind die Grundlagen der rational emotiven Therapie und wie wirkt sie?
Ein Kernelement der REVT ist das so genannte „ABC-Modell“ (manchmal erweitert zum „ABCDE-Modell“) auf. „A“ bezeichnet ein auslösendes, aktivierendes äußeres oder innerseelisches Ereignis, z.B. den Verlust des Arbeitsplatzes. Dieses Ereignis wird bewertet, und zwar aufgrund bestimmter Überzeugungen, Einstellungen oder Lebensregeln (B=beliefs oder belief systems). Im Beispiel könnte die Bewertung lauten: „Nur faule und unfähige Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz!“ „C“ steht für Konsequenz, die der Betroffene für sich aus dieser Bewertung zieht. In diesem Fall: „Ich bin ein fauler, unfähiger Mensch. Ich habe das verdient.“ Infolge leidet das Selbstwertgefühl. Allerdings ist auch der umgekehrte Weg möglich: Auch ein positives Ereignis kann als Auslöser fungieren, dieses wird aufgrund der verinnerlichten Überzeugungen und Glaubenssätze positiv bewertet und daraus Rückschlüsse auf die eigene Person bezogen.
Rational emotive Therapie: Überzeugungen und Bewertungen umlernen
Egal ob „C“ für den Klienten positive oder negative Stimmungen hervorruft: „B“, also die Überzeugungen, können trotzdem irrational sein! Nur dass der Patient im positiven Fall nicht darunter leidet. Das tut er, wenn es bei irrationalen Bewertungen und Überzeugungen bleibt, aber spätestens dann, wenn ein auslösendes Ereignis, das er nicht zu verantworten hat sein Leben erschüttert. Nach Ellis werden alle oder die meisten psychischen Störungen durch „irrationale“ Überzeugungen bzw. Bewertungsmuster bedingt.
Dysfunktionale Überzeugungen in Frage stellen
Die REVT arbeitet mit der bewussten Infragestellung solcher irrationalen Überzeugungen. („Verlieren wirklich nur faule Menschen ihre Arbeit? Bist du wirklich faul? Wie hast du es in diesem Fall geschafft, jahrelang beruflich erfolgreich zu sein?“, etc.) Dieser Schritt heißt in der REVT „Disputation“, kurz „D“. Darauf folgt eine kognitive Umstrukturierung (E=effect). Irrationale Überzeugungen sollen durch rationale ersetzt werden. Dies beeinflusst die Bewertungen und Empfindungen des Klienten in positiver Weise und führt letztlich zur Heilung.
Rational emotive Therapie Anwendungsbereiche
Die REVT hat sich vor allem bei Erkrankungen als hilfreich erwiesen, die mit einem gestörten Selbstbild und Selbstwertgefühl des Patienten einhergehen. Dazu gehören unter anderem eine Vielzahl psychosomatischer Störungen, depressive Erkrankungen und Angststörungen. Die Altersgruppe der Klienten ist nicht festgelegt. REVT ist sowohl für Kinder und Jugendliche, als auch für Erwachsene und ältere Menschen geeignet. Einzige Voraussetzung ist das Vorhandensein gewisser kognitiver Grundfähigkeiten. Zur Anwendung komme die REVT sowohl in Einzel- als auch in Gruppentherapie.
Sokratischer Dialog: Hilfe bei der Disputation
Eine bewährte Methode ist der sokratische Dialog, in der die Überzeugungen des Patienten hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit, Logik und empirischen Belegbarkeit hinterfragt werden. Der Therapeut stellt dabei offene Fragen und versucht, den Klienten anzuleiten, eigene Widersprüche zu erkennen. Die REVT ist ein sehr bewährtes Therapieverfahren, gleichwohl ist die Indikation für seine Anwendung bei manchen Patienten nicht gegeben. Die REVT ist (zumindest als alleinige Therapieform) nicht zielführend bei: Schweren Depressionen, psychotischen Erkrankungen, Wahnerkrankungen oder wenn gewisse kognitive Voraussetzungen nicht gegeben sind.
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