Was ist Psychoedukation?
Edukation, das wissen wir, heißt übersetzt „Bildung“. Aber wo ist der Zusammenhang mit der Psyche?
Psychoedukation: Definition
Der Begriff ‚Psychoedukation‘ wurde 1980 zum ersten Mal von der Ärztin C.M. Anderson gebraucht und zwar im Rahmen von Schizophreniebehandlungen. Ziel war es, die Angehörigen der Erkrankten über die Symptome und den Verlauf der Erkrankung aufzuklären. Auch die Verbesserung des Umgangs in der Familie untereinander und die Stärkung der Stressbewältigungskompetenz sollten erreicht werden. Ursprünglich kommt der Begriff jedoch aus der Verhaltenstherapie. Der Patient soll seine eigene emotionale und soziale Kompetenz wiedererlernen. Psychoedukation bedeutet also eine laiengerechte Aufklärung und Beschreibung der jeweiligen Krankheitssymptome, deren Verlauf und Umgang damit. Therapieangebote, Möglichkeiten einer medikamentösen Therapie und Rückfallprophylaxe sind ebenfalls Teil der Aufklärungsarbeit.
Wirkung von Psychoedukation
Das Gefühl des ‚ Nicht normal Seins‘ kann durch die Anwendung von Psychoedukation seinen Schrecken verlieren. Ein tieferes Verständnis bereitet den Weg für Empathie beim Patienten selbst und dessen Angehörigen. Ängste und Stress verlieren an Gewicht. Das Vertrauen zwischen Arzt/Therapeut und Patient wächst. Rückfälle werden wahrgenommen und Unterstützung kann gesucht werden. Wichtig ist es, den Patienten/Klienten/Angehörigen mit den gegebenen Informationen nicht zu überlasten. So kann es eine Überforderung darstellen, schwierige medizinische Sachverhalte zu verstehen. Der Therapeut oder Arzt sollte daher in der Lage, seine Aufklärungsarbeit anschlussfähig zu gestalten. Entscheidend ist, wie die Informationen beim Gegenüber ankommen.
Psychoedukation verbessert die Compliance
So kann den Patienten und/oder Angehörigen durch Psychoedukation ein Nutzen gestiftet werden. Im Rahmen einer Erkrankung sind viele Menschen, Patienten wie Angehörige, auch emotional stark beteiligt. Schließlich handelt es sich insbesondere bei einer schweren Erkrankung um eine Ausnahmesituation. In diesem Zustand der inneren Gespanntheit herrschen häufig auch Ängste und Befürchtungen vor. Gefühle wie Selbstabwertung, Schuld und Scham können sehr belastend sein. Hier kann von professioneller Seite darauf geachtet werden, diese Situation nicht weiter zu verschlimmern sondern mögliche Handlungsschritte als entängstigend, planbar und steuerbar zu gestalten. Schließlich soll Psychoedukation die Therapiemotivation steigern und die „compliance“ (das Mitwirken des Patienten bzw. der Angehörigen) weiter verbessern.
Psychoedukation Anwendung
Psychoedukation kann in Patientengruppen oder während Einzelgesprächen und gegebenenfalls im Beisein von Angehörigen stattfinden. Innerhalb einer Gruppenveranstaltung haben die Patienten die Möglichkeit von den Erfahrungen der Mitpatienten zu profitieren, indem sie sich gegenseitig austauschen und unterstützen. Die Psychiatrie, zwar oft noch ‚Klapsmühle‘ genannt, zeigt ein anderes Bild als noch vor Jahren. An oberster Stelle steht das Miteinbeziehen und Mitwirken des Patienten während Krankheitsphase und Heilungsverlauf.
Psychoedukation Kritik
Die Aufklärung des Patienten und seiner Angehörigen über eine Erkrankung kann prinzipiell als positiv wahrgenommen werden. Aus systemischer Sicht bzw. aus der Perspektive systemischer Therapie können sich „Problemkontexte“ aber auch erhärten. Problematische bzw. dysfunktionale Muster können sich so verfestigen und die Möglichkeiten einer Heilung oder der Besserung einer Symptomatik können erschwert werden. Systemisch betrachtet würden die Mitglieder eines Systems so ein „Problem erzeugen“ und aufrechterhalten, von dem sie eventuell sogar partizipieren.
Autoren: Ortrud Püttmann und Peter Reitz
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