Psychodrama – Begründer und Anwendung
Das Verfahren des Psychodrama in der Psychotherapie ist eine Möglichkeit für Einzelne und Gruppen, mit einem psychischen Problem, einer Erkrankung, einer bestimmten Lebenssituation oder der Dynamik in einer Gruppe (Team, Schulklasse,…) auf kreative Weise umzugehen. Entwickelt wurde dieses Verfahren von dem Arzt und Psychotherapeuten Jacob Levy Moreno. Das Psychodrama greift Methoden aus dem Stegreiftheater auf. Es eignet sich besonders für Therapiegruppen. Einer der Teilnehmer erhält die Möglichkeit als Protagonist zunächst sein Thema darzustellen. Dann übernehmen die anderen Teilnehmer verschiedene Rollen. Beispielsweise von Personen aus dem Umfeld des Protagonisten, möglich ist aber auch, dass Gruppenteilnehmer verschiedene „Hilfs-Ichs“ des Protagonisten spielen. Wenn der Protagonist sich beispielsweise nicht zwischen zwei Handlungsalternativen entscheiden kann, weil er eine Sache einerseits will, andererseits aber Angst davor hat, könnte ein Gruppenteilnehmer während des Spiels die starken, entschlossenen Anteile des Protagonisten verkörpern, während ein anderer den Ängsten und Befürchtungen des Protagonisten eine Stimme verleiht.
Anwendung des Psychodrama
Ziel ist es, dass dem Klienten/Protagonisten die Dynamik bewusst wird, die in seiner momentanen Situation steckt und dass er mit Hilfe seiner Mitspieler Möglichkeiten entdeckt, die in ihm schlummern oder ihm bislang nur halb bewusst waren. Der Therapeut hat in diesem Verfahren begleitende und stützende Funktion. Er ermutigt die Mitspieler zum kreativen und spontanen Umgang mit der dargebotenen Geschichte. Die eigentliche Therapie geschieht aber im Miteinander der Gruppe, die nach Beendigung des Spiels dem Protagonisten empathisch (einfühlsam) Rückmeldung gibt, oder auch konstruktive Kritik übt und ihn ermutigt, die gefundenen Lösungsansätze im Alltag umzusetzen. Das Psychodrama hat unter anderem auch Einfluss auf die → Gestalttherapie genommen. Es ist auch möglich, Elemente aus dem Psychodrama in einer Einzeltherapie, im Coaching oder in der Supervision zu verwenden. Hier würden die Rollen des Hilfs-Ichs dann entweder kurzfristig vom Therapeuten/Coach übernommen. Oder aber Gegenstände wie Stühle oder Kissen dienen als symbolische „Mitspieler“. Möglich ist auch, dass der Protagonist sich selbst abwechselnd in verschiedene Rollen versetzt und die Situation aus der jeweiligen Perspektive in Ich-Form schildert.
Wem hilft das Psychodrama?
Die Indikation für dieses Verfahren ist vor allem dann gegeben, wenn ein Patient seine Themen nicht nur theoretisch reflektieren will, sondern lernen möchte, auf kreative und spielerische Weise damit umzugehen. Das Verfahren ist darauf ausgerichtet, dass der Patient im Spiel oder durch das Spiel seiner Mitspieler erlebt, wie sich Situationen auflösen und neue Energien und Handlungsalternativen freisetzen lassen können. Andererseits wird der Patient oft dadurch, dass andere Gruppenteilnehmer Anteile seines eignen Ichs spielen, damit konfrontiert, welch innere Kämpfe und Zerreißproben er täglich besteht, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Das kann auch einen heilsamen Schock auslösen und heftige Emotionen freisetzen.
Wann sollte Psychodrama nicht angewendet werden?
Aus dem Gesagten geht hervor, dass eine Indikation für Psychodrama nicht gegeben ist, wenn ein Patient psychisch sehr labil ist. Auch nicht in akuten Psychosen, schweren Depressionen oder bei akuten Angststörungen. Anwendungsbereiche für Psychodrama wären z.B.: Probleme in Beziehungen, in Familie, Freundeskreis oder Arbeitsleben, der Wunsch danach, sich selbst besser kennenzulernen und eingefahrene Gleise zu verlassen. Es ist auch für Teams, Schulklassen oder andere Gruppen geeignet, die besser verstehen wollen, was genau eigentlich gruppendynamisch abläuft. Das Psychodrama eignet sich auch sehr gut für die therapeutische Arbeit mit Jugendlichen, da es ein Verfahren ist, das der natürlichen Spontanität, Emotionalität und Kreativität dieser Altersgruppe sehr entgegen kommt.