Was ist Progressive Muskelentspannung?
Folgenden Hinweis gab der amerikanische Arzt und Psychologe Prof. Edmund Jacobson bereits in den 30er Jahren: „Lernen Sie sich bewußt zu entspannen, dann können Sie mit den alltäglichen Schwierigkeiten und Erkrankungen der modernen Zeit besser umgehen!“
Bei der progressiven Muskelentspannung handelt es sich um ein Entspannungsverfahren, das neben dem Autogenen Training mit am weitesten verbreitet ist. Es ist leicht und schnell erlernbar. Meistens werden die Übungen in Kursen durch einen Kursleiter angeleitet, aber sie sind auch alleine zu Hause erlernbar. Ziel der Progressiven Muskelentspannung ist es, innerhalb kurzer Zeit einen tiefen und wohltuenden Entspannungszustand zu erreichen. Hierbei werden mit gezielten und geführten Übungen 16 Muskelgruppen nacheinander für wenige Sekunden angespannt und wieder entspannt. Wichtig für die Entspannung sind die Pausen zwischen den Muskelgruppen, damit Sie sich bewusst werden und die Veränderungen innerhalb der Muskeln spüren können. Über den ständigen Wechsel und den Gegensatz der Anspannung und Entspannung soll ein tiefer Entspannungszustand erreicht werden. Die persönliche Körperwahrnehmungsfähigkeit wird durch die willkürliche und bewusste Intensivierung ähnlich wie beim Autogenen Training verbessert.
Wer hat die Progressive Muskelentspannung erfunden?
Das Entspannungsverfahren Progressive Muskelentspannung wurde von Edmund Jacobson (*22.04.1888 – †07.01.1983) erfunden und entwickelt. Er war Arzt und begann seine Forschungen 1908 an der Harvard University. Er untersuchte die Zusammenhänge von übermäßiger Anspannung und körperlichen und seelischen Krankheiten. Jacobson stellte fest, dass Angst und Druck bei den Menschen Muskelverspannungen und Verkrampfungen auslösen. Er erkannte aber auch gleichzeitig, dass bei einer gezielt und bewusst herbeigeführten Muskelentspannung, Angst und Stressgefühle abnehmen und körperliche Beschwerden verringert werden können. Dadurch eignet sich die Entspannung als Heilmittel und zur Prophylaxe bei psychosomatischen Störungen. Entspannung dient der Prophylaxe und der Prävention und ersetzt keinen Besuch bei einem Arzt oder Heilpraktiker. Bevor Sie das Verfahren der Progressiven Muskelentspannung einsetzen, sollten Sie daher immer Rücksprache mit Ihrem Arzt halten.
Ziele der Progressiven Muskelentspannung
- gesundheitsfördernde Prävention
- Ausgeglichenheit
- Entspannung
- Gegengewicht zu körperlichen und seelischen Anspannung
- Reduzierung seelischer Anspannungszustände
- Angstverminderung
- Förderung von Kreativität
- Steigerung der Gedächtnisleistung
- Förderung der Konzentration
- Verbesserte Wahrnehmung des eigenen Körpers
- Stressbewältigung
- Beseitigung muskulärer Verspannungen
- Verringerung psychosomatischer Anzeichen wie Nervosität, Tachykardie, Zittern, Kopfschmerzen
- Alltagsbelastungen besser bewältigen
Ist Progressive Muskelentspannung immer einsetzbar?
Die progressive Muskelentspannung ist als Verfahren vielseitig einsetzbar bei körperlichen und psychischen Beschwerden.
Mögliche Einsatzgebiete sind:
- Schmerzen
- Migräne
- Tinnitus
- Unruhe
- Nervosität
- Probleme beim Einschlafen
- Probleme beim Durchschlafen
- Rückenschmerzen
- Spannungsschmerzen
- Verdauungsstörungen
- Gelenkschmerzen
- Kopfschmerzen
- Ängste
- Phobien
- Unwohlsein
- Depressive Verstimmungen
Vorsichtig (da möglicherweise kontraindiziert) sollten Sie sein bei:
- Herz- Kreislaufbeschwerden
- Herzinsuffizienz
- Lumbago (Hexenschuss)
- Psychosen
Wie funktioniert die Progressive Muskelentspannung?
Ähnlich wie bei dem Entspannungsverfahren Autogenes Training ist für einen dauerhaften Erfolg der progressiven Muskelentspannung das tägliche bzw. regelmäßige Üben essentiell. Durch das regelmäßige Üben soll der Entspannungssuchende in die Lage kommen, sich auch bei alltäglichen Anspannungszuständen einfach und effektiv zu entspannen. Die Übungen können in verschiedenen Positionen eingeübt werden. Es ist in erster Linie egal, ob Sie dabei sitzen oder ob Sie dabei liegen. Für die bewußtere Wahrnehmung eignet sich das Sitzen mehr, da Sie in dieser Lage mehr im Hier und jetzt bleiben, während im Liegen die Gefahr besteht, dass Sie einschlafen.
Körperhaltung bei der PMR
Trotzdem wird meistens das Liegen am einfachsten empfunden. Bei dem klassischen Ablauf der progressiven Muskelentspannung werden nacheinander 16 Muskelgruppen angespannt. Die Anspannung wird für einige Sekunden gehalten und dann wieder losgelassen und die Muskel entspannt. Nach einer kleinen Pause von zwanzig bis dreißig Sekunden wird die Übung wiederholt und nach der nächsten Pause die darauf folgende Muskelgruppe angespannt.
Wie wird die Progressive Muskelentspannung angewendet?
Der klassische Ablauf beginnt an der rechten Hand bzw. der Hand, die dominanter ist. Danach geht es über den Unterarm zum Oberarm und dann weiter zur Stirnpartie. Nach den Augen, der Nase und den Wangen werden der Mund, die Zunge und der Hals angespannt und entspannt. Über den Schulter-Nackenbereich geht es weiter zum Schultergurt und Brustmuskel. Die Anspannung der Bauch- und Rückenmuskel führt den Weg der Anspannung weiter zu den unteren Extremitäten und wird über den Oberschenkel und Unterschenkel bis zu den Füßen weiter geführt. Oft werden auch noch die Gesäß- und Beckenbodenmuskulatur als Einzelgruppe mit eingebaut. Moderne Varianten der progressiven Muskelentspannung kehren die Reihenfolge um und haben einige neue Übungen mit eingebaut. Sie starten dann an den Füßen und enden am Kopf. Fortgeschrittene Nutzer des Entspannungsverfahrens können sich über sieben oder auch nur vier Muskelgruppen entspannen.
Autor: Heinz-Dieter Hornung-Werner
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