Grundlagen der Positive Psychotherapie
Der Entwickler der Positive Psychotherapie (PPT) ist der aus dem Iran stammende Wiesbadener Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin Nossrat Peseschkian. Das Verfahren der PPT ist ein humanistischer, tiefenpsychologischer Ansatz. Ihr liegt ein positives Menschenbild zu Grunde. Sie arbeitet, anders als die klassische Medizin, bei der sehr oft die Behebung einer Krankheit im Vordergrund steht, ressourcenorientiert und salutogenetisch. Das bedeutet: Der kranke Mensch wird nicht zuerst als Träger einer Krankheit angesprochen, sondern als ein Mensch mit Fähigkeiten und Ressourcen. Seine Selbstheilungskräfte sollen aktiviert werden und die tiefere Bedeutung, ja manchmal sogar Weisheit seiner Krankheit wird wertgeschätzt und geachtet.
Anwendung von Therapieverfahren in der PPT
Zur Anwendung kommen Elemente und Techniken verschiedener Psychotherapiemethoden. Gezielt werden Geschichten und Lebensweisheiten unterschiedlicher Kulturen mit in den therapeutischen Prozess integriert. Der Therapeut versteht sich als ein Mediator, der dem Patienten den Zugang zu seinem eigenen inneren Wissen ermöglicht. Die PPT geht davon aus, dass die Lösungen und Antworten sowie alles, was einem Menschen zu einem positiven und gelingenden Leben verhilft, in ihm schon als Same vorhanden ist. Diese Samenkörner gilt es zu finden, zu gießen und zu pflegen.
Was geschieht im Rahmen einer PPT?
Zunächst einmal versteht die PPT alle seelischen Erkrankungen als positiv. Damit gemeint: Die Erkrankung ist, im Wortsinne des lateinischen Begriffs, ein „Positum“, also etwas das „gesetzt“, „real vorhanden“ ist – eine Gegebenheit, mit der der Patient schon lange lebt und die im Leben des Patienten auch immer irgendwie einen positiven Sinn erfüllt. Entsprechend werden Erkrankungen zunächst einmal positiv umgedeutet und der Patient lernt, das Potential darin zu erkennen, etwas, das ihm auch gewisse Fähigkeiten verliehen hat, die er gesunden Menschen voraus hat. Eine Schlafstörung beispielsweise ist die Fähigkeit ohne oder mit sehr wenig Schlaf zu überleben. Affektive Störungen (Depression, Manie) sind die Fähigkeit, zutiefst emotional zu reagieren. Das sind Erfahrungen, die in dieser Tiefe oder in dieser Euphorie gesunden Menschen nicht zugänglich sind. Schizophrenie ist die Fähigkeit, sich eigene Realitäten zu schaffen, in zwei Welten zu leben oder sich in eine Phantasiewelt zu begeben. Durch dieses Vorgehen entsteht ein Standortwechsel.
Perspektivenwechsel, der hilfreich wirkt
Nicht nur beim Patienten kann dieser Wechsel der Perspektive hilfreich sein, sondern auch in seiner Umgebung. Diese kann die Stärken des Patienten ganz neu entdecken und schätzen lernen. Auf dieser Basis wird dann im weiteren Therapieverlauf versucht zu eruieren, was die Erkrankung des Patienten symbolisch ausdrückt. Dabei versteht sich die PPT als eine Art Hilfe zur Selbsthilfe in fünf Stufen. Dabei arbeiten Therapeut, Patient und möglichst dessen soziales Umfeld (Familie) eng zusammen.
Das Stufenkonzept der Positive Psychotherapie
Auf der ersten Stufe schult der Patient seine Wahrnehmungsfähigkeit. Er lernt zu artikulieren, was ihm seine Erkrankung sagen will. Er lernt seine Wünsche auszudrücken und nicht mehr nur die Erkrankung sprechen zu lassen. Stufe 2 ist die so genannte Inventarisierung. Patient und Therapeut schauen gemeinsam auf die vergangenen 5-10 Jahre. Wie hat sich die Krankheit ausgewirkt? Was hat den Patienten bewegt? Wie hat er seinen Alltag bewältigt? Was war hilfreich, was weniger hilfreich?
Ressourcenorientierter Blick in die Zukunft
Bei Stufe 3 wird der Patient ermutigt und lernt, von seinen gesunden Anteilen und Erfolgen bei der bisherigen Konfliktverarbeitung Gebrauch zu machen. In Stufe 4 werden möglicherweise noch offene Konflikte mithilfe dieser gesunden Anteile verbalisiert und bearbeitet. Stufe 5 richtet den Blick in die Zukunft: „Was machen, wenn Sie keine Beschwerden und Probleme mehr haben, – welche Ziele haben Sie in den nächsten 3–5 Jahren?“ Der Patient wird ermutigt, über seine Erkrankung hinaus zu denken, sein Leben neu anzugehen.
Anwendungsbereiche der PPT
Die Indikation für eine PPT ist bei nahezu allen psychischen Erkrankungen gegeben, selbst bei schweren Psychosen und affektiven Störungen. Sofern die Patienten medikamentös so eingestellt sind, dass sie einer Therapie gewachsen sind.
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