Die Logotherapie und ihr Begründer Victor Frankl
Die Logotherapie geht auf den Wiener Psychoanalytiker Viktor Frankl zurück. Frankl hatte die traumatischen Erfahrungen eines Konzentrationslagers während des 2. Weltkrieges am eigenen Leibe erlebt und wäre fast daran zerbrochen. Bei ihm führte das zu der Frage, wie ein Mensch, nachdem er derart schreckliche Dinge überstanden hat, wieder einen Sinn in seinem Leben finden kann. Seine Antwort lautet: Der Mensch kann nahezu alles ertragen, solange für ihn nur irgendein Sinn darin zu erkennen ist und er die traumatische Erfahrung in irgendeiner Weise für sich fruchtbar machen kann. Die von ihm entwickelte Logotherapie soll dabei helfen. Dem Verfahren liegt die Annahme zugrunde, dass Menschen nicht nur im Alltag irgendwie funktionieren oder im Beruf erfolgreich sein wollen. Sondern dass jeder Mensch sich nach einem tieferen Sinn seiner Existenz sehnt. Dieser tiefere Sinn ist es, der letztlich die Kraft freisetzt, trotz allem am Leben festzuhalten.
Wie wird in der Logotherapie gearbeitet?
Ein Therapeut dieser Therapierichtung wird gemeinsam mit dem Patienten an genau dieser Frage nach dem Sinn seines Lebens arbeiten. Eine fertige Antwort auf die Frage nach dem Sinn gibt es nicht. Aber Logotherapie soll helfen, dem jeweiligen Sinn für mich (gemeint ist der Patient) auf die Spur zu kommen, wobei die gefundenen Antworten bei jedem Menschen und jedem Patienten sehr unterschiedlich aussehen können. Am Ende aber sollen die einzelnen Bruchstücke eines Lebens wieder ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Ein roter Faden soll erkennbar werden. Der Patient soll in die Lage versetzt werden, sich mit seiner Vergangenheit zu versöhnen, weil sie, so wie sie war, Teil seines Lebens ist und dazu beigetragen hat, dass er heute der ist, der er ist.
Was geschieht während einer Logotherapie?
Die wichtigste „Methode“ der Logotherapie ist das Gespräch zwischen Patient und Therapeut. Er hilft dem Patienten, in seiner Lebens- und Leidensgeschichte gewissermaßen die Essenz, den roten Faden, das tragende Element zu finden. Ein wichtiges methodisches Element in der Logotherapie ist der so genannte sokratische Dialog, angelehnt an die Gespräche des antiken Philosophen Sokrates mit seinen Schülern. Sokrates lieferte seinen Schülern nicht fertige Antworten, sondern er stellte ihnen Fragen auf die Weise, dass seine Schüler selbst für sie stimmige Antworten kamen. Man spricht hier auch von der philosophischen Hebammenkunst. Ein Therapeut, der sich dem Verfahren der Logotherapie verschrieben hat, wird ähnlich vorgehen wie Sokrates. Die Antwort auf die Frage nach dem tieferen Sinn seines Lebens kann sich der Patient nur selber geben, der Therapeut aber kann ihn so fragen, dass der Patient für sich stimmige Antworten findet. Wenn eine Logotherapie gelingt, setzt sie im Patienten die Kraft frei, sein Leben trotz Leidensgeschichte und trotz traumatischer Erfahrungen anzunehmen, einen Sinn darin zu entdecken und so gestärkt weiterzuleben. Die Logotherapie kann aber auch helfen, in einer guten Weise Abschied vom Leben zu nehmen. Logotherapeutische Ansätze gibt es z.B. auch in der Biografiearbeit mit betagten und hoch betagten Menschen oder in der Begleitung Schwerstkranker.
Für wen ist dieses Therapieverfahren geeignet?
Das Verfahren der Logotherapie und dessen Anwendung eignet sich für Menschen, die sich nicht damit abfinden wollen, dass schwere Lebenserfahrungen völlig sinnlos sind und die bereit sind, sich mit ihrem Leben, so wie es war und ohne es zu beschönigen, zu versöhnen. Dazu braucht es ein Vertrauen in den Sinn des Lebens an sich und die Sehnsucht danach, einen Sinn für das eigene Leben zu entdecken. Die Indikation für Logotherapie ist nicht gegeben bei akuten traumatischen Belastungen oder während akuten schweren psychischen Erkrankungen wie Depression, Psychose oder einer Suchterkrankung. Logotherapie ist keine „erste Hilfe“ für die Seele. Sie ist aber hilfreich, wenn ein Patient nach einer traumatischen Erfahrung wieder in sich stabil und in der Lage ist, über sein Leben neu nachzudenken.