
Welches Menschbild hat die Gesprächspsychotherapie nach Rogers?
Das therapeutische Verfahren der Gesprächstherapie geht auf den Amerikaner Carl Rogers zurück. Im Unterschied zur Verhaltenstherapie oder zur Psychoanalyse geht Rogers davon auch, dass jeder Mensch grundsätzlich selber weiß, was ihm fehlt und wie ihm zu helfen ist. Die Gesprächstherapie nach Rogers geht demnach von einem positiven Menschenbild aus. Jeder trägt die Ansätze zur seelischen Heilung in sich. Die Therapie bringt ans Licht was im Grunde schon da ist. Sie hilft, die eigenen Ressourcen zu erkennen und den eigenen Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen auf die Spur zu kommen.
Wie wirkt Gesprächstherapie nach Rogers?
Entscheidend für das Gelingen einer Gesprächstherapie nach Rogers ist das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Therapeut und Klient. Rogers spricht statt Patienten von Klienten. Damit betont er, dass sich bei einer Therapie zwei Menschen begegnen, die sich gleichwertig und gleichrangig in das therapeutische Geschehen einbringen, wenn auch mit unterschiedlichen Rollen. Der Therapeut erteilt dem Klienten in der Regel keine Ratschläge. Seine Rolle ist vielmehr, dem Klienten aufmerksam und mit innerer Anteilnahme zuzuhören. Der Therapeut vermittelt dem Klienten ein Gefühl von Annahme, Akzeptanz und Wertschätzung. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Verfahren das so genannte „Spiegeln“. Der Therapeut wiederholt ohne zu werten oder zu urteilen einzelne Aussagen des Klienten. Er gibt dem Klienten den Raum, den er benötigt, um sich seiner eigenen Gefühle und Erinnerungen sicher zu werden. Das Verfahren der Gesprächstherapie nach Rogers wirkt somit stützend und stärkend. Eine Konfrontation mit Fehlverhalten oder Techniken zur Änderung eines Verhaltens hingegen findet in einer klassischen Gesprächstherapie nach Rogers nicht statt.
Gesprächstherapie nach Rogers: Für wen hilfreich?
Die Indikation für eine Gesprächstherapie nach Rogers ist dann gegeben, wenn ein Mensch ein hohes Maß an Bereitschaft mitbringt, sich selbst besser kennenzulernen und zu verstehen. Mögliche Fragen, die jemand mit in die Therapie bringt können sein: Wie bin ich der geworden, der ich bin? Wer bin ich eigentlich? Warum reagiere ich in Beziehungen immer nach diesem oder jenem Muster? Da Gesprächstherapie nach Rogers darauf setzt, dass jeder Mensch den Wunsch nach innerer Entfaltung in sich trägt und auch verwirklichen kann und wird, wenn er auf ein wohlwollendes Umfeld trifft, ist sie ein sehr sanftes Verfahren. Die Indikation für eine Gesprächstherapie nach Rogers ist nicht gegeben, wenn es um klare Wünsche geht, z.B. ein bestimmtes Verhalten abzustellen. Auch bei einer akuten psychotischen Erkrankung oder einer schweren Depression ist Gesprächstherapie nach Rogers als alleinig angewendete Form der Therapie nicht hilfreich, da sie den Klienten ja ausdrücklich in seinen Wahrnehmungen bestärken will. Als zusätzliche Behandlung (z.B. zusätzlich zur einer medikamentösen Therapie oder einem Verfahren aus dem Bereich der Verhaltenstherapie) kann sie unter Umständen auch bei Patienten mit schweren seelischen Erkrankungen hilfreich sein.
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